Drei Standorte. Zwanzig Ausbildungsberufe.
Nicht nur Sterneköche sind Pinzettenkünstler. Beim Ausgarnieren von Appetithäppchen ist auch bei den Koch-Azubis Fingerspitzengefühl gefragt. „Es muss schmecken und gut aussehen“, findet Louis Noack.

Eine Schule. Drei Standorte. Zwanzig Ausbildungsberufe.

Parchim, Ludwigslust und Hagenow gehören in der beruflichen Bildung zusammen und bieten Auszubildenden in der Region Vielfalt und naheliegende Optionen.

Das Regionale Berufliche Bildungszentrum des Landkreises Ludwigslust-Parchim markiert zwischen Hagenow, Ludwigslust und Parchim im zweitgrößten Landkreis von Mecklenburg-Vorpommern das zentrale Bildungsdreieck für spannende Berufsfelder.

„Willkommen in der ältesten beruflichen Schule in Mecklenburg-Vorpommern!” Carola Hadler, Berufsschullehrerin für die Fachklassen im Gastgewerbe, ist stolz auf die Historie der Berufsausbildung in Parchim. Diese reicht immerhin bis in das Jahr 1821 zurück, als für Lehrlinge die erste Sonntagsschule im Land eingerichtet wurde. In 200 Jahren hat sich allerdings einiges verändert. So ist die Schule seit 2013 das Regionale Berufliche Bildungszentrum des Landkreises Ludwigslust-Parchim, das sich auf die Standorte Parchim, Ludwigslust und Hagenow verteilt. Für 20 verschiedene Berufe findet hier die theoretische Ausbildung unter einem Dach statt – vom Koch bis zum Kraftfahrzeugmechatroniker.

„Jeder Standort hat sein eigenes Profil und vereint berufsgruppenspezifiische Ausbildungsberufe. Das hat den Vorteil, dass wir hier die entsprechenden Fachlehrer konzentrieren können. Die Theorie ist heute in Lernfelder strukturiert. Bestimmte Lernfelder sind für einige Berufe gleich. Da ergibt es Sinn, dass wir bei drei Standorten eine klare Struktur haben. Es kommt aber auch vor, dass die Kolleginnen und Kollegen pendeln müssen, wenn in Hagenow z. B. ein Lehrer für Sozialkunde gebraucht wird. Neben den Lernfeldern werden auch allgemein bildende Fächer unterrichtet“, erklärt Schulleiterin Brigitte Schriefer.

Thu Huong Le Thu Huong Le (Mitte) ist über ein europäisches Austauschprogramm aus Vietnam gekommen, um in Mecklenburg-Vorpommern ihre Ausbildung als Restaurantfachfrau zu machen. Neben dem Lehrrestaurant gibt es in Parchim auch eine Lehrküche mit Profi-Standard.

Das Wichtigste ist für sie, dass die Angebote für die berufliche Bildung in der Region erhalten bleiben und die Auszubildenden in der Nähe ihres Wohnortes bzw. Ausbildungsbetriebes zur Berufsschule gehen können. „Ein Bäcker-Azubi, der erst weit fahren muss, wird nicht Bäcker,“ weiß die erfahrene Berufspädagogin. Für angehende Fachkräfte für Lebensmitteltechnik sowie Maschinenund Anlagenführer stellt sich die Frage nicht. Sie kommen an Ludwigslust nicht vorbei, denn hier sind für gesamt Mecklenburg- Vorpommern die Landesfachklassen für diese Berufe angesiedelt. In Hagenow dreht sich alles um das Handwerk. Die Qualität der Tischler- und Holzmechaniker-Ausbildung mit eigenen Werkstätten hat sich im Landkreis längst rumgesprochen. Die zukünftigen Fahrzeug-Spezialisten haben dank großzügiger Unterstützung des ansässigen Gewerbes einen eigenen Fuhrpark zur Verfügung. „Die Innung hat erkannt, dass sie Ausbildungsplätze in der Region schaffen muss, damit wir dieses Berufsfeld an der Schule anbieten können. Jetzt haben wir in diesem Bereich einen guten Zulauf von Auszubildenden“, erzählt Brigitte Schriefer.

Berufsschule in Parchim Fast wie in echt: In der Berufsschule in Parchim gibt es sogar ein Hotelzimmer und eine Rezeption. Marvin Kagel simuliert mit Vanessa Wandrey den Check-in. „Die Ausbildung im Hotelfach macht Spaß und die Anfahrt aus Schwerin ist kein Problem“, sagen beide.

Sie selbst ist regelmäßige Pendlerin. „Ich habe mir vorgenommen, einmal in der Woche an jedem Standort zu sein“, sagt sie. Unterstützung bekommt sie von den Abteilungsleitern vor Ort und ihrer Stellvertreterin Heike Sziburies, die sie aufgrund der laufenden Wechsel nur selten sieht. Dem geschulten Blick von Brigitte Schriefer entgeht nichts. Auch nicht die kleinen Unsicherheiten der Azubis, die sich gerade im Lehrrestaurant in Parchim auf ihre Gesellenprüfung im Sommer vorbereiten. In fachpraktischen Übungen können diese aber noch gut ausgeglichen werden.

Brigitte Schriefer Brigitte Schriefer

Wie sind Sie zur beruflichen Schule gekommen? Ich habe an der Universität Rostock Mathe und Physik auf Lehramt studiert. Damals gab es genügend Lehrer an den allgemein bildenden Schulen, so dass ich mir eine Alternative gesucht habe und zur Berufsschule nach Ludwigslust gewechselt bin. Zu Anfang war ich am Fachgymnasium tätig und habe außerdem die Einzelhändler unterrichtet. Parallel habe ich dazu ein Fernstudium für Betriebswirtschaft absolviert. Mit Unterstützung des Landes studierte ich anschließend Schulmanagement. Das ökonomische Grundwissen kommt mir heute sehr zu Gute. Seit 2010 bin ich Schulleiterin.

Zum RBB LuP gehören zwei Fachgymnasien für Wirtschaft – in Ludwigslust und Parchim. Reicht hier nicht ein Standort? Aus Sicht der Schule wäre das sicher effizienter, aber das ist nicht das Entscheidende. Wenn wir uns auf Ludwigslust beschränken würden, verlieren wir die Schülerinnen und Schüler aus dem Raum Sternberg, für die Parchim mit öffentlichen Verkehrsmitteln besser zu erreichen ist. Hätten wir nur in Parchim das Fachgymnasium, wären wiederum die Schülerinnen und Schüler aus Richtung Boizenburg abgeschnitten, die per Bahn nach Ludwigslust fahren. Wir sind nun einmal der zweitgrößte Landkreis in Mecklenburg- Vorpommern und haben ein weit reichendes Einzugsgebiet. Gerade für die Perspektiven im ländlichen Raum ist es wichtig, dass wir für möglichst viele Schülerinnen und Schüler neben den Gymnasien Alternativen offenhalten, das Abitur zu erwerben. Das hat sich bewährt.

Wie steht es mit der Digitalisierung? Wir erwarten ein Budget in Höhe von fünf Millionen Euro. Dafür wollen wir unter anderem Activ-Panels – digitale Tafeln – anschaffen. Die Lehrkräfte sollen vom Schulträger und vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur mit den gleichen Endgeräten ausgestattet werden, so dass wir dann alle auf einem System arbeiten. Gerade bei unserer Konstellation mit drei Standorten ist das wichtig. Die Förderanträge sind auf dem Weg. In unserem Landkreis läuft die IT-Beschaffung zentral über eine kommunale Service-Gesellschaft. Da sitzen Spezialisten, von denen erhoffen wir uns Unterstützung. Außerdem wechseln wir gerade von der Lernplattform „haleo“, die ja mal als Pilotprojekt in Mecklenburg-Vorpommern gestartet wurde, zur neuen Plattform „itslearning“.

Ludwigslust

Maschinen- und Anlagenführer für Lebensmitteltechnik

Kein Hexenwerk in der Laborküche

Kevin Gothmann Kevin Gothmann
Mein Ausbildungsbetrieb ist die Sweet Tec GmbH in Boizenburg. Wir produzieren Bonbons, Fruchtgummis und Lollis. Ich habe das Unternehmen durch Schülerpraktika und Ferienarbeit kennengelernt. Nach meiner zweijährigen Ausbildungszeit werde ich noch ein Jahr die Qualifizierung zur Fachkraft für Lebensmitteltechnik ranhängen. Der Vorteil ist, dass ich dann zwei Berufe und den Abschluss der Mittleren Reife habe. Danach möchte ich in der Kocherei anfangen und später wie meine Mutter die Schichtleitung übernehmen.
Kundus Redom Kundus Redom
Ich bin vor fünf Jahren aus Eritrea geflohen und wohne in Schwerin. Nach zwei Jahren Berufsvorbereitung und einem Deutschkurs hab ich übers Internet meinen Ausbildungsplatz bei Nestlé gefunden. Mit der Bewerbung hat es gleich geklappt. Wenn Berufsschule ist, nehmen mich die anderen mit dem Auto mit.
Chris-Raphael Beckendorf Chris-Raphael Beckendorf
Nach der Schule wusste ich ich nicht, was ich beruflich eigentlich machen wollte. Ich hab dann erst mal bei einer Zeitarbeitsfirma angefangen und dadurch verschiedene Betriebe kennengelernt. Bei Nestlé in Schwerin hat es mir am besten gefallen, da hab ich mich dann beworben. Der Vorteil war, die kannten mich schon.

Auszubildende: 1.300
Lehrkräfte: 55

Berufe Ludwigslust

  • Fleischer/in
  • Fachverkäufer/in Fleischwaren
  • Bäcker/in
  • Fachverkäufer/in Backwaren
  • Fachkraft für Lebensmitteltechnik
  • Maschinen- und Anlagenführer/in
  • Lebensmitteltechniker/in
  • Kaufmann/frau im Einzelhandel
  • Verkäufer/in

Berufe Parchim

  • Koch/Köchin
  • Restaurantfachmann/frau
  • Hotelfachmann/frau
  • Fachkraft im Gastgewerbe
  • Fachpraktiker/in Küche
  • Helfer/in im Gastgewerbe
  • Industriekaufmann/frau
  • Kaufmann/frau für
  • Büromanagement

Berufe Hagenows

  • Tischler/in / Holzmechaniker/in
  • Metallbauer/in
  • Kraftfahrzeugmechatroniker/in
Laborküche
In der Laborküche testen die Auszubildenden die Vergärbarkeit von Hefe mit Zucker.

 

Hagenow

Tischler und Holzmechaniker

Holzwege mit Zukunft

Max Wilhelm Max Wilhelm
Ich mache meine Ausbildung bei der Tischlerei Schweidt in Lübtheen. Wir haben ein gutes Arbeitsklima. Es ist sehr abwechslungsreich, weil wir Möbel herstellen, aber auch auf dem Bau tätig sind. Die Berufsschule in Hagenow ist nicht weit weg. Das ist praktisch. Später möchte ich meinen Meister machen und werde dann sicherlich in den Betrieb meines Vater einsteigen, der ist nämlich auch Tischler.
Isabell Loskant Isabell Loskant
Ich komme eigentlich von der Müritz und bin wegen der Ausbildung nach Schwerin gezogen. Für mich stand schon früh fest, dass ich ein Handwerk erlernen will. Die Möbeltischlerei macht mir besonders Spaß. In unserer Familie sind eigentlich alle Handwerker - Maurer, Glaser, Dachdecker oder Maskenbildner. Nach der Ausbildung möchte ich Produktdesign studieren. Das war schon von Anfang an mein Plan. Ich möchte später nicht nur am Schreibtisch sitzen und kann durch meinen Beruf auch handwerklich tätig sein.

Kraftfahrzeugmechatroniker

Alles im Fluss?

Ausbildungsbetrieb

Tim Seemann

Ich arbeite im Autohaus Hagenow und hab es deshalb zur Berufsschule nicht weit. Der Beruf ist unglaublich vielseitig. Durch die Werkstatt in der Schule können wir Theorie und Praxis gut verbinden. Wir testen z. B. den Datenaustausch zwischen Steuerelementen in einem Pkw (s. Foto), und haben auch verschiedene Fahrzeuge hier.

Marc Bayer

Mein Ausbildungsbetrieb ist die Agrarprodukt­gesellschaft mbH Lübesse. Da werden u. a. Rinder gezüchtet und Kartoffeln angebaut. Die Wartung der landwirtschaftlichen Fahrzeuge machen wir selbst. Der Betrieb hat für die Reparatur von Pkw- und Fahrrädern eine eigene Werkstatt und betreibt eine Tankstelle für
Bio-Gas.