Das Schulgelände liegt gegenüber der MV-Werft. Ein blau-gelber Kran grüßt von der Kaikante wie ein nickender Riese durch die nebelverhangenen Fenster des Backsteingebäudes. In großen Lettern steht der Name „Goethe-Gymnasium“ über dem Eingang. Im Computerkabinett sind alle ein bisschen aufgeregt. Die Situation ist ungewohnt. Silke Herbst hat Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Klassenstufen eingeladen, ihre Ergebnisse aus dem Unterricht zu präsentieren. Präsentieren ist auch bei der Einführung das Stichwort. Silke Herbst erklärt, welche Möglichkeiten es neben den meist textlastigen und deswegen oft langweiligen PowerPoint-Präsentationen gibt. Zu Beginn hat die Informatik-Lehrerin eine Abstimmung mit dem Online-Tool Mentimeter vorbereitet. „Die Fragen sind nicht so ernst gemeint“, warnt sie vor.

Spielend lernen macht Spaß Das vom Beamer projizierte Startbild verblasst wegen schräg einfallender Sonnenstrahlen. Der dicke Nebel hat sich gelichtet. Silke Herbst fährt per Knopfdruck die Verdunklung runter. Jetzt sieht man den Strom fliegender bunter Herzchen gut. Die Animation zeigt an, dass sich alle mit Computer oder Handy eingeloggt haben. Es kann losgehen. Für jede Frage gibt es drei Antwortmöglichkeiten, von denen aber nur eine richtig ist. Bei „Würdet ihr das Handy im Unterricht nutzen?“ zeigt die Grafik, dass nicht alle Schülerinnen und Schüler gedrückt haben. Teilnehmer „hums“ war am schnellsten und liegt vorn. Das lässt sich am Balkendiagramm deutlich ablesen. Die Umfrage geht weiter quer durch ein buntes Themenspektrum – von der Anzahl gekaufter Weihnachtsbäume in Deutschland, über das Alter von Jogi Löw bis zum YouTube-Kanal mit den meisten Abonnenten. Am Ende gewinnt tatsächlich „hums“ und alle fragen sich, wer hinter dem Pseudonym steckt. In der ersten Reihe steht leicht verlegen Manus Specht aus der 5. Klasse auf. Silke Herbst beglückwünscht ihn und hat einen kleinen Preis vorbereitet.

Informatik durchdringt alles Auf der Vorderseite einer quadratischen Schokolade klebt ein QR-Code aus schwarzen und weißen Bügelperlen, der eine Botschaft enthält. „Das könnt ihr selbst einmal probieren. Nicht nur URLs, auch Text lässt sich so verschlüsseln“, gibt Silke Herbst den Geschenketipp weiter. Jonas Wolter aus der 6a nimmt am bundesweiten Jugendwettbewerb Informatik teil und weiß aus den freien Angeboten in der Ganztagsschule, wie das geht. In der 5. Klasse hatte er durch den Modellversuch schon ein halbes Jahr lang eine Doppelstunde Informatik und Medienbildung bei Silke Herbst. Die anderen Klassenstufen haben regulär eine Stunde pro Woche. „Zu wenig“, finden die meisten der anwesenden Schüler.

Jonas Wolter Jonas Wolter aus der 6a zeigt sein Quiz, das er im Unterricht programmiert hat. Er gehört zu den Teilnehmern des bundesweiten Jugendwettbewerbs Informatik.

Jonas zeigt sein Quiz, das er auf dem Computer selbst kreiert hat. „Für den Hintergrund muss ich erst mal nach einem rechtefreien Bild suchen", erklärt er. Auch Lena recherchiert nach einem Foto im Internet. Sie will ihre Schule in einer Präsentation vorstellen. Informatik und Medienbildung ist momentan ihr Lieblingsfach. Sie geht wie Manus, Felix und Lucie in die 5a. Während die Jungs auf www.code.org bei einem Spiel erste Programmier­schritte üben, entwirft Lucie eine Eule. Sie ist in ihrer Klasse die Spezialistin für Pixelbilder und zeigt stolz ihre animierten GIFs. „Mit der Piskel-App kann ich meiner Kreativität freien Lauf lassen“, sagt sie und öffnet zur Demonstration ihren beachtlichen Bilderkatalog mit zwinkernden Einhörnern, einem sich selbst verschlingenden Keks und einem Pikachu mit Weihnachtsmütze. „Wir arbeiten nur mit freien Open-Source-Programmen, z. B. Libre-Office. Wir brauchen einheitliche Programme für das gemeinsame Arbeiten“, sagt Silke Herbst.

Die nächste Präsentation erscheint auf der weißen Wand. In dem Video mit den beiden Strichfiguren Giga und Terra geht es um Verschlüsselungstechniken. Den witzigen und lehrreichen Streifen haben Ana-Louise, Elin, Fiona und Joy-Celine aus der 8e im vergangenen Schuljahr produziert. „Leider ohne Stativ“, entschuldigt sich das Filmteam. „Das sehen wir nicht als Fehler, sondern als Erfahrung, aus der man lernt“, ermutigt die Lehrerin ihre Schüler.

Max und Johann Max (rechts) und Johann lernen die Programmier- sprache Java und arbeiten mit einem Raspberry Pi. Der Einplatinencomputer wurde entwickelt, um jungen Menschen den Zugang zu Hard- und Softwarekenntnissen zu erleichtern.

Man trifft sich auch in der Cloud Max, Erik, Johann und Lena aus der 10. Klasse verbringen die Freitagnachmittage freiwillig an der Hochschule Stralsund und nutzen die Kooperation, um tiefer in die Materie einzusteigen. Sie bekommen für die Stunde Mikro-Computer – BBC micro:bits. Lena möchte eigentlich Psychologie studieren: „Ich habe aber gemerkt, dass Informatik in allen Bereichen immer wichtiger wird.“ Für Max steht fest, dass er Angewandte Informatik studieren wird. Er sitzt vor einem Rechner mit giftgrünem Gehäuse. „Das ist ein Raspberry Pi. Den nutze ich zum Programmieren“, sagt er. „Das macht Spaß und ist was anderes, als ein Jahr lang die gleichen Formeln in ein Dokument zu schreiben“. Max ist ein großer Freund der Schulcloud: „So vergesse ich meine Hausaufgaben nicht mehr, weil ich sie abends gleich hochladen kann. Außerdem können wir uns über die Plattform jederzeit austauschen. Die Frage, wo man sich trifft, hat sich erledigt. Das ist vor allem für diejenigen praktisch, die außerhalb wohnen.“